herzlich willkommen zur Sommer-Ausgabe Ihres Hauptstadt-Newsletters.

Unsere Themen heute:

• In unserer Sommer-Serie präsentieren wir heute zehn Fachleute im Bundestag, die in ihren Themen gut drin und so in der Gesetzgebung besonders wichtig sind.

• Der konservative Berliner Kreis in der CDU will Politiker aus den Gremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verbannen. Ein Antrag für den Parteitag liegt uns vor.

• Der Ringtausch mit Polen zur Lieferung von Waffen stockt – nun fordern Grüne und FDP direkte Waffenlieferungen an die Ukraine.

• Die CDU will ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr für junge Menschen einführen – zumindest soll das Thema auf dem Parteitag zur Abstimmung kommen.

• Unser Selfie kommt heute von einer früheren Bildungsministerin, die ein Buch über den Papst schreibt und sich um die deutsch-chinesischen Beziehungen kümmert.

Zehn Fachpolitiker/innen, die uns aufgefallen sind

Sie graben sich tief in die Themen ein, sind in den Fachausschüssen des Bundestags die Experten ihrer Fraktion. Und auch wenn sie vor der Kamera nicht unbedingt präsent sind, in ihren Fraktionen sind sie es.

Die Fachpolitikerinnen und Fachpolitiker, die sich mit ihren Themen besonders gut auskennen, sind unverzichtbar für eine funktionierende Demokratie und gute Gesetze.

Wir stellen Ihnen zehn Abgeordnete aus allen Parteien vor, die uns besonders aufgefallen sind oder uns empfohlen wurden.

Ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Los geht's:

Johannes Arlt (SPD) - Als sich die SPD noch vor dem Krieg in der Ukraine mit Bundeswehrthemen schwergetan hat, hat Johannes Arlt schon für seine Überzeugung gekämpft, auch wenn sie nicht populär war. Arlt ist Bundeswehroffizier, hat in Auslandseinsätzen gedient, im Ausland studiert und in der Wirtschaft gearbeitet. Seit 2021 ist er MdB und bringt all sein Fachwissen für die SPD ein. Ein großer Gewinn.

Andreas Audretsch (Grüne) - Egal, ob Haushalt, Finanzen, Wirtschaft, Arbeit oder Soziales, Andreas Audretsch ist Fachmann in jedem Gebiet, für das er als Fraktionsvize der Grünen in der Bundestagsfraktion zuständig ist. Seine Vielseitigkeit ist sein großes Plus. Vor seinem Einzug in den Bundestag 2021 hat er bereits in zwei Ministerien, für den Bundespräsidenten und im Bundestag gearbeitet.

Otto Fricke (FDP) - Er ist der dienstälteste FDP-Bundestagsabgeordnete und mit Unterbrechung seit 15 Jahren Haushaltsexperte seiner Fraktion. „Politik braucht Zahlenmenschen", sagt Fricke über sich selbst – und im Bundestag, nicht nur in seiner Fraktion, weiß man, dass man dem Rechtsanwalt aus Krefeld auf diesem Gebiet nichts vormachen kann. Ein Regierungsamt hat der leidenschaftliche Parlamentarier bisher immer abgelehnt.

Kathrin Henneberger (Grüne) - Sie ist eine Aktivistin wie aus einem Handbuch für Aktivisten. Ihr Lebensthema: Klimaschutz. Sie kämpft gegen Braun- und Steinkohle, wo es nur geht. Und dennoch hat sie jetzt im Bundestag ein Gesetz mitverhandelt, das es erlaubt, Stein- und Braunkohlekraftwerke wieder ans Netz zu bringen, um Gas zu sparen. Henneberger beweist: Aktivismus bedeutet nicht, blind zu sein für die Realitäten.

Andreas Jung (CDU) - Klima und Umweltpolitik sind die Jahrhundertthemen und in der Union gab es da stets eine Leerstelle. Die füllt seit einigen Jahren der Bundestagsabgeordnete aus Konstanz. Jung ist der Fachmann für die Öko-Themen und macht sich mit pragmatischen Vorschlägen einen Namen. Annegret Kramp-Karrenbauer, Armin Laschet und jetzt auch Friedrich Merz setzen auf den Rechtsanwalt, der sich seit 2005 um Umweltthemen in der Fraktion kümmert.

Dorothee Martin (SPD) - Wenn im Bundestag über die Bahn, den ÖPNV oder sonstige Verkehrsthemen gesprochen wird, dann kommt es auf sie an. Die Abgeordnete aus Hamburg-Nord ist seit letzter Legislaturperiode Mitglied im Parlament und hat sich bereits eine zentrale Rolle in der SPD-Fraktion erarbeitet. Seit kurzem ist sie zudem Aufsichtsratsmitglied der Deutschen Bahn. Eine Frau, die entscheiden will und kann.

Christos Pantazis (SPD) - Lange dachte man, im Bundestag fehlen die Fachexperten, vor allem würden Lehrer und Juristen Abgeordnete werden. Gerade in der SPD wurde das 2021 durchbrochen. Pantazis ist ein Beispiel dafür: ein echter Medizinexperte, Neurochirurg und Neurobionik-Forscher. Mit ihm und Andreas Philippi hat die SPD zwei herausragende Gesundheitspolitiker hinzugewonnen.

Bernd Reuther (FDP) - Infrastruktur ist das große Thema des 51-Jährigen, der seit 2017 im Bundestag sitzt. Der ehemalige Hochtief-Manager kennt sich aus mit Planung und Bau von Infrastrukturprojekten und wirbt seit jeher für innovative Technologien und neue Wege. Auch er ist Mitglied des Bahn-Aufsichtsrats.

Nadine Schön (CDU) - Mit 39 Jahren schon routinierter als viele ältere Kollegen. 2014 wurde die Juristin bereits Vize-Chefin der Union im Bundestag, ihre Beharrlichkeit bei den Themen Digitalisierung, Moderner Staat und Gleichstellung wird parteiübergreifend geschätzt. Ihr Ehrgeiz ist nicht überbordend, mehrfach lehnte sie Posten ab. Dennoch gehört der Saarländerin in der CDU die Zukunft.

Petra Sitte (Linke) - Sie gehört zu jenen Fachpolitikern, die in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen werden. Petra Sitte drängt sich nicht vor, sie durchdenkt die Dinge. Die in der ehemaligen DDR aufgewachsene Diplom-Ökonomin ist durch und durch Wissenschaftspolitikerin. Derzeit kümmert sie sich vor allem um Digitalpolitik. Und erfährt dafür Anerkennung – auch außerhalb ihrer Partei.

Ringtausch: FDP und Grüne für direkte Waffenlieferungen

Die Kritik an dem von der Bundesregierung verabredeten Ringtausch mit östlichen Nato-Partnern zu Waffenlieferungen an die Ukraine reißt nicht ab.

Bei dem Verfahren sollen Staaten wie Polen der Ukraine leicht bedienbare Panzer sowjetischer Bauart zur Verfügung stellen. Deutschland hatte Polen dafür modernes Gerät zugesagt, doch laut Polens Präsident Andrzej Duda werden die Zusagen nicht eingehalten.

FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann schlägt im Gespräch mit uns direkte Waffenlieferungen vor.

„Realität trifft auf Wunschdenken. Daher bin ich der Meinung, wenn das nicht so läuft wie vorgestellt, dass man die Waffen direkt an die Ukraine schickt. Wir haben keine Zeit zu verlieren." Ähnliches war zuvor von den Grünen zu vernehmen.

CDU-Flügel: Politiker sollen aus ARD-Gremien raus

Der konservative CDU-Verein Berliner Kreis fordert den Bundesparteitag auf, einen Beschluss herbeizuführen, der den Beitrag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk einfriert und Politiker und Politikerinnen in den Aufsichtsgremien verbietet.

Das geht aus einem Antragsentwurf hervor, der vom Berliner Kreis und weiteren CDU-Kreisverbänden initiiert wurde. Unter den Mitunterzeichnern ist der Vorsitzende des Fördervereins des Berliner Kreises, der CDU-Politiker Alexander Mitsch.

„Die CDU Deutschlands tritt für eine Stärkung und Reform des öffentlichen Rundfunks hinsichtlich einer Weiterentwicklung und damit einhergehender Konzentration auf den im Rundfunkstaatsvertrag vorgesehenen Kernauftrag ein", heißt es.

Dies müsse einhergehen mit einem „konsequenten Einfrieren des Rundfunkbeitrags auf dem aktuellen Stand" und „signifikanten Kürzungen des zuletzt auf über 80 TV- und Radio-Sender angewachsenen" Programms. Außerdem sollten die Gehälter der Intendanten grundsätzlich auf der Höhe eines Bundesministers gedeckelt werden.

Die Besetzung der Aufsichtsgremien soll zukünftig nicht mehr durch Politiker und Vertreter privilegierter Vereinigungen zusammengesetzt werden, sondern von den beitragspflichtigen Gebührenzahlern „durch demokratische Wahlen" bestimmt werden.

CDU-Parteitag soll über Gesellschaftsjahr abstimmen

Neben der Diskussion um die Frauenquote und einem energiepolitischen Antrag des Bundesvorstands soll der CDU-Bundesparteitag am 9. und 10. September in Hannover auch über ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr entscheiden.

Einen entsprechenden Antrag bereitet nach unseren Informationen eine Gruppe von CDU-Politikerinnen und Politikern vor, zu der unter anderem der niedersächsische CDU-Wirtschaftsminister Bernd Althusmann, die Vize-Chefs Silvia Breher und Carsten Linnemann, der Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor und Rheinland-Pfalz-CDU-Chef Christian Baldauf gehören.

Demnach soll der Parteitag darüber entscheiden, ob es entweder einen Rechtsanspruch auf ein freiwilliges Gesellschaftsjahr (etwa bei der Bundeswehr, in sozialen Diensten oder Schulen) oder einen verpflichtenden Dienst für Schulabgängerinnen und -abgänger geben soll.

Beim freiwilligen Gesellschaftsjahr oder auch „Deutschlandjahr", wie einige Antragsteller den Dienst nennen, soll es Anreize wie zusätzliche Rentenpunkte oder Wartesemester für das Studium geben.

Parteichef Friedrich Merz gehört wie Linnemann zur Gruppe der Befürworter eines Pflichtjahres. Merz zeigte sich unlängst beim WDR-Europaforum offen für eine „allgemeine Dienstpflicht", die junge Menschen etwa bei der Bundeswehr, beim Technischen Hilfswerk, beim Roten Kreuz oder anderen Hilfsorganisationen leisten könnten.

Sein Eindruck sei, dass die Bevölkerung bereit sei, „sich diesem Thema zuzuwenden, so wie nie zuvor“, sagte Merz bei der Veranstaltung.

Neue schwere Waffen für das Heer

Die internen Planungen zur Neuaufstellung des deutschen Heeres kommen voran. Weil seit Beginn des Krieges in der Ukraine der Fokus der Truppe wieder deutlich auf die Landes- und Bündnisverteidigung gerichtet werden soll, gibt es vor allem beim Heer interne Umstrukturierungen.

Wie unser Kollege Christian Schweppe erfuhr, wird es einige neue Standorte bei der Bundeswehr geben, wobei noch keine Orte feststehen. Auch weiteres neues Material kommt, vor allem Radfahrzeuge. Diese können besser und schneller verlegen, auch ohne Bahnschienen. Sogar eine Panzerhaubitze auf Rädern soll beschafft werden.

Insgesamt will die Bundeswehr bis 2027 drei neue Divisionen aufstellen. Diese bestehen in der Regel aus drei Brigaden, jeweils mit rund 5.000 Soldatinnen und Soldaten.

Zunächst das ARD-Sommerinterview am vergangenen Sonntag, am morgigen Dienstag dann eine Veranstaltung bei Unionsfraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei in dessen Wahlkreis im schwäbischen Villingen.

Am Mittwoch und Donnerstag wird Oppositionschef Friedrich Merz dann mit dem Vorsitzenden der Deutsch-Polnischen Parlamentariergruppe, dem früheren Generalsekretär der CDU, Paul Ziemiak, nach Polen reisen. Erst danach geht es für Merz wohl in den Urlaub, heißt es in der Fraktion.

Grünen-Bundesvorsitzende Ricarda Lang startet morgen ihre erste Sommertour als Parteichefin und wird gleich zehn Tage lang unterwegs sein. Los geht es in München, wo sie das Algentechnikum der Technischen Universität, eine Forschungsstätte zur effizienten Produktion von Biokerosin und chemischen Wertstoffen aus Algen, sowie das Stammwerk von BMW besuchen wird.

Neben mehreren Stationen in Deutschland steht für die zweite Woche ihrer Reise auch ein Abstecher nach Norwegen auf dem Programm. Dort sind unter anderem ein Treffen mit der Botschaft, Unternehmensbesuche und ein Runder Tisch mit NGOs geplant.

Auf - Klaus Holetschek. Der bayerische CSU-Gesundheitsminister verlangt ein neues Infektionsschutzgesetz und liegt damit angesichts der hohen Corona-Zahlen und der Unklarheit bezüglich der Maßnahmen im Herbst richtig. Wenn es stimmt, was Minister Karl Lauterbach über den Herbst sagt („katastrophale Entwicklung"), sollte die Bundesregierung bald ein Konzept vorlegen.

Ab - Patricia Schlesiger. Die RBB-Intendantin sieht sich schweren Vorwürfen wegen Vetternwirtschaft im Zusammenhang mit den Neubau-Plänen für das Berliner Rundfunkzentrum in Höhe von 185 Millionen Euro gegenüber. Einer Vorladung in das Berliner Abgeordnetenhaus blieb sie fern. Erste Politiker fordern ihren Rücktritt, auf die Aufklärung wartet die Öffentlichkeit noch.

Der frühere Chef der Wirtschaftsweisen, der Freiburger Ökonom Lars Feld, ist einer der profiliertesten Wirtschaftswissenschaftler im Land. Als Chefberater von Bundesfinanzminister Christian Lindner bringt er eine ordnungspolitische Sicht in die Regierung mit ein, als Co-Host im Pioneer Podcast Feld & Haucap diskutiert er mit dem Düsseldorfer Wettbewerbsexperten Justus Haucap über aktuelle Themen.

In einem zweiteiligen Zukunftsgespräch spricht Feld mit uns über die Finanzpolitik in diesem Land und die Zukunft der sozialen Sicherungssysteme.

In dieser Folge skizziert Feld seine Ideen zur Sanierung der Rentenversicherung. Hörempfehlung!

„Zentrale Aufgabe für das Bewältigen der Krise ist der kluge Umgang mit Angst", schreibt die Tagesspiegel-Redakteurin Caroline Fetscher. Das Vokabular der Angst reiche von Krieg in Europa über Aufrüstung und Staatsschulden bis zu Energiekrise, Lohn-Preis-Spirale und Inflation. Warum es nicht konstruktiv sei, wie Baerbock jüngst vor Volksaufständen zu warnen, sondern was stattdessen jetzt gebraucht werde, lesen Sie hier.

Heute gratulieren wir herzlich:

Fabian Funke, SPD-Bundestagsabgeordneter, 25

Reinhold Hilbers (CDU), niedersächsischer Finanzminister, 58

Susanne Mittag, SPD-Bundestagsabgeordnete, 64

Jürgen Trittin, Grünen-Bundestagsabgeordneter, 68

Linda Zervakis, Nachrichtenmoderatorin bei ProSieben, 47

Annette Schavan war Bundesbildungsministerin von 2005 bis 2013 und galt in ihrer politisch aktiven Zeit stets als enge Vertraute von Kanzlerin Angela Merkel. Nach ihrem Rücktritt wegen einer Plagiatsaffäre war sie Botschafterin am Heiligen Stuhl.

Heute ist die 67-Jährige Co-Vorsitzende des Deutsch-Chinesischen Dialogforums und Vorsitzende des Kuratoriums der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft. Sie arbeitet an einem Buch über Papst Franziskus und geht nächste Woche – wie jedes Jahr – zum Urlaub an den Bodensee und zum „Schwimmen, schreiben, Fahrrad fahren und Fisch essen mit Freunden".

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